DAS ist noch nicht der Verkehrsversuch!

Heinz-Jörg Ebert

Stellungnahme des BID Vorsitzenden Heinz-Jörg Ebert zur Kommunikation über den Verkehrsversuch in Gießen

Ich kann durchaus nachvollziehen, dass die derzeitige verkehrliche Situation in Gießen die Menschen stellenweise zur Weißglut bringt. Aber viele glauben, das wäre schon der Verkehrsversuch. Er ist es doch noch gar nicht!
Wenn wir Einzelhändler unseren Laden umbauen, dann hängen wir manchmal ein Schild an die Tür „Wegen Umbau 14 Tage geschlossen“. Das kann eine Stadt nicht.
Hier muss es weitergehen, und in einer Bauphase einigermaßen laufen. Eine Mammutaufgabe für alle Beteiligten. Dass zu der derzeitigen abschnittsweisen Einrichtung eines so komplexen Projektes, wie dem Verkehrsversuch, der erst ab Oktober startet, auch noch zahlreiche weitere Baustellen wegen Rohrverlegung und anderen Dingen hinzu kommen, macht es nicht erträglicher.
Aber es ist ja ein Ende in Sicht: Ende September. Dann erst startet eines der umfangreichsten Verkehrsprojekte, an dem sich offensichtlich die Geister scheiden.
Mit welcher Art, in welchem Stil, jedoch auf einander – insbesondere in den sozialen Medien – draufgehauen wird, macht mich fassungslos. Der eigentliche Grund dieser Auswüchse sind meist mangelnde Kenntnis der Details, kolportierte Unwahrheiten oder schlichtweg das Reagieren auf Fehlinformationen.
Von Seiten der BIDs haben wir immer größten Wert darauf gelegt, dass man den Menschen detailliert aufzeigen muss, was passiert, und wie es funktionieren könnte.
Dabei wurden durchaus Fehler gemacht.
In einer Anzeige der Stadt, die wir von den BIDs aus unterstützt haben, wurde zum Beispiel ein Plan des Anlagenrings aufgezeigt, auf dem alle neuen Wege, Abzweigungen und Zufahrten dargestellt wurden. Man hat es gut gemeint, die alten vorhandenen, und nach wie vor gültigen Wege, auszublenden, weil man nicht verwirren wollte. Das Resultat: die meisten Leser haben gedacht, das wäre nun die einzige und endgültige Verkehrssituation innerhalb des Anlagenrings. Im Gegensatz dazu ein großes Lob an die Gießener Allgemeine, die mit ihrem umfangreich vollständigen Plan ein gutes Stück Aufklärungsarbeit geleistet hat.
Grafik des Verkehrsversuchs in Gießen - Grafik: Gießener Allgemeine – Nadine Becker

Man sieht: Kommunikation ist der Schlüssel, an dem noch intensiv gearbeitet werden muss.

Die derzeitige Situation in Gießen ist ohnehin eine gewaltige Herausforderung, vor der nahezu alle Innenstädte stehen. Multifunktionalität, Aufenthaltsqualitäten, wieder „Marktplatz“ werden, Wohnen können, Lebendigkeit …und natürlich Mobilität, die heute anders gedacht werden muss. Gerade in der Stadt mit der höchsten Studierendendichte in Deutschland sind die Ansprüche einer ausgewogenen Begegnung aller Verkehrsteilnehmer besonders ausgeprägt.

Als die heutigen Koalitionsparteien vor zweieinhalb Jahren angekündigt hatten, das man innerhalb von nur sechs Monaten den Anlagenring in einen einjährigen Verkehrsversuch verwandeln wolle, haben die BIDs, IHK, Kreishandwerkerschaft und Gießen-Aktiv mit ganzseitigen Anzeigen deutlich davor gewarnt, dass die politisch Verantwortlichen ein so komplexes Thema, wie ein Mobilitätskonzept, in nur einem halben Jahr über´s Knie brechen wollen.

Aus meiner Feder stammte der damals von vielen als konfrontativ empfundene Text, der deutlich machte, dass man ein solch komplexes Thema nicht innerhalb eines halben Jahres umsetzen könne. Wir haben uns damals schon sehr wohl eine schnellere und konstruktive Verkehrsentwicklung gewünscht. Ebenso, dass wir den dringenden Einbezug des Umlandes, und deren Erreichbarkeit ins Oberzentrum Gießen mit all ihren Funktionen, wie behördliche Angelegenheiten, Gesundheitsversorgung und Kultur sichergestellt haben müssen. Natürlich haben wir uns dazu bekannt, Plätze und Freiflächen zu attraktivieren, damit die existentielle Aufenthaltsqualität gesteigert wird. Und selbstverständlich müssen mehr Sicherheit und Möglichkeiten für Fahrradfahrer und Fußgänger in die Wege geleitet werden.

Aber wir haben unser klares NEIN unterstrichen, etwas über´s Knie zu brechen, ohne dabei mindestens parallel auch die Alternativen für Autofahrer zu schaffen. Es galt, untragbare negative Konsequenzen zu bedenken, und diese zu durchplanen.

In einem halben Jahr undenkbar.

Zum damaligen Zeitpunkt wäre – ohne ausreichende Planung – ein Chaos vorprogrammiert gewesen.

Dieser Ansatz wurde von Seiten der Stadt schnell aufgenommen, und es wurde sich die notwendige Zeit gelassen, intensiv zu planen. Seitdem sitzen die IHK, die BIDs und der Bürgermeister samt Verkehrsplanung regelmäßig zusammen und wir haben von Anfang an Einblick in Planungen. Da haben wir der Öffentlichkeit deutlich etwas voraus. Alle Teilnehmer bestätigen, dass seriös und engagiert geplant wurde. Wir glauben aufgrund unseres Einblicks, dass die Umsetzung durchaus Chancen auf einen funktionierenden und verbesserten Verkehrsfluss haben könnte.

Denn dazu gibt es eine Reihe an modernsten und pragmatischsten Ansätzen. So soll bei den Ampelschaltungen der fließende Verkehr mit Grünzeiten durch besondere Detektionsverfahren, die gerade sukzessive eingerichtet werden, gewährleistet sein. Die 16 am Anlagenring zur Verfügung stehenden Parkplätze und Parkhäuser – die derzeit nur zu 60 % ausgelastet sind –  sollen sichtbarer angebunden, die Öffnungszeiten ausgeweitet und die Parkgebühren präsenter gemacht werden.

Weil ein Verkehrsversuch eine Stadt alleine nicht attraktiver macht, ist die Stadt gefordert, parallel die Innenstadt durch mehr Aufenthaltsqualität zu beleben. Vereinbart wurde eine monatliche Konsultation, bei der Handel und Wirtschaft als „Mängelmelder“ fungieren sollen, um den Verkehrsversuch stetig für alle Verkehrsteilnehmer zu optimieren und die Erreichbarkeit der Umlandbesucher sicher zu stellen.

Mein Fazit ist: das Projekt ist eine Belastungsprobe für alle. Aber es ist eine Chance. Seit Jahrzehnten beißen sich die Verkehrsdezernenten die Zähne daran aus die verkehrliche Situation in Gießen in den Griff zu bekommen. Jedes Jahr, insbesondere um die Weihnachtszeit, hagelt es Beschwerden wie schlimm es sei. In Gießen wusste jeder, dass etwas getan werden muss. Aber ein richtig komplexer und ganzheitlicher Ansatz wurde ziemlich vor sich hergeschoben.

Jetzt wurde es angepackt, und es ist zumindest eine Chance, die wir – bei aller Skepsis – versuchen, konstruktiv zu begleiten. Keiner wünscht sich mehr, wie wir Innenstädtler, dass es gelingt. Aber die Simulationen und uns vorliegenden Pläne lassen dies zumindest vermuten. Ich persönlich ziehe es vor, die zwei Monate noch die Geduld aufzubringen und die letzten Einrichtungen der Vorbereitung abzuwarten. Nach all dem Aufwand, alles wieder zurück zu drehen, und die stets bemängelte Ist-Situation der letzten Jahre wieder beizuführen, wäre ein Drama. Ein Baustopp und eine Wartezeit, würde uns über Monate die derzeit chaotische Situation beibehalten.
Der Einjährige Versuch birgt auch die Möglichkeit, permanent nachzujustieren.
Wir nutzen derzeit die Gelegenheit, mit nahezu allen Parteien zu sprechen. Überall gibt es hervorragende Ansätze und gute Ideen, Einzelsituationen zu lösen.
Warum, Verdammt noch mal, können sich die politischen Institutionen – Koalition wie Opposition – nicht zusammensetzen, um ihre guten Ideen einfließen und zuzulassen, statt sich  gegenseitig die Hölle heiß zu machen.
Heinz-Jörg Ebert
Heinz-Jörg Ebert

Stellungnahme des BID Vorsitzenden Heinz-Jörg Ebert über den Verkehrsversuch in Gießen

Ich kann durchaus nachvollziehen, dass die derzeitige verkehrliche Situation in Gießen die Menschen stellenweise zur Weißglut bringt. Aber viele glauben, das wäre schon der Verkehrsversuch. Er ist es doch noch gar nicht!
Wenn wir Einzelhändler unseren Laden umbauen, dann hängen wir manchmal ein Schild an die Tür „Wegen Umbau 14 Tage geschlossen“. Das kann eine Stadt nicht.
Hier muss es weitergehen, und in einer Bauphase einigermaßen laufen. Eine Mammutaufgabe für alle Beteiligten. Das zu der derzeitigen abschnittsweisen Einrichtung eines so komplexen Projektes, wie dem Verkehrsversuch, der erst ab Oktober startet, auch noch zahlreiche weitere Baustellen wegen Rohrverlegung und anderen Dingen hinzu kommen, macht es nicht erträglicher.
Aber es ist ja ein Ende in Sicht: Ende September. Dann erst startet eines der umfangreichsten Verkehrsprojekte, an dem sich offensichtlich die Geister scheiden.
Mit welcher Art, in welchem Stil, jedoch auf einander – insbesondere in den sozialen Medien – draufgehauen wird, macht mich fassungslos. Der eigentliche Grund dieser Auswüchse sind meist mangelnde Kenntnis der Details, kolportierte Unwahrheiten oder schlichtweg das Reagieren auf Fehlinformationen.
Von Seiten der BIDs haben wir immer größten Wert darauf gelegt, das man den Menschen detailliert aufzeigen muss, was passiert, und wie es funktionieren könnte.
Dabei wurden durchaus Fehler gemacht.
In einer Anzeige der Stadt, die wir von den BIDs aus unterstützt haben, wurde zum Beispiel ein Plan des Anlagenrings aufgezeigt, auf dem alle neuen Wege, Abzweigungen und Zufahrten dargestellt wurden. Man hat es gut gemeint, die alten vorhandenen, und nach wie vor gültigen Wege, auszublenden, weil man nicht verwirren wollte. Das Resultat: die meisten Leser haben gedacht, das wäre nun die einzige und endgültige Verkehrssituation innerhalb des Anlagenrings. Im Gegensatz dazu ein großes Lob an die Gießener Allgemeine, die mit ihrem umfangreich vollständigen Plan ein gutes Stück Aufklärungsarbeit geleistet hat.

Man sieht: Kommunikation ist der Schlüssel, an dem noch intensiv gearbeitet werden muss.

Grafik des Verkehrsversuchs in Gießen - Grafik: Gießener Allgemeine – Nadine Becker

Die derzeitige Situation in Gießen ist ohnehin eine gewaltige Herausforderung, vor der nahezu alle Innenstädte stehen. Multifunktionalität, Aufenthaltsqualitäten, wieder „Marktplatz“ werden, Wohnen können, Lebendigkeit …und natürlich Mobilität, die heute anders gedacht werden muss. Gerade in der Stadt mit der höchsten Studierendendichte in Deutschland sind die Ansprüche einer ausgewogenen Begegnung aller Verkehrsteilnehmer besonders ausgeprägt.

Als die heutigen Koalitionsparteien vor zweieinhalb Jahren angekündigt hatten, das man innerhalb von nur sechs Monaten den Anlagenring in einen einjährigen Verkehrsversuch verwandeln wolle, haben die BIDs, IHK, Kreishandwerkerschaft und Gießen-Aktiv mit ganzseitigen Anzeigen deutlich davor gewarnt, dass die politisch Verantwortlichen ein so komplexes Thema, wie ein Mobilitätskonzept, in nur einem halben Jahr über´s Knie brechen wollen.

Aus meiner Feder stammte der damals von vielen als konfrontativ empfundene Text, der deutlich machte, dass man ein solch komplexes Thema nicht innerhalb eines halben Jahres umsetzen könne. Wir haben uns damals schon sehr wohl eine schnellere und konstruktive Verkehrsentwicklung gewünscht. Ebenso, dass wir den dringenden Einbezug des Umlandes, und deren Erreichbarkeit ins Oberzentrum Gießen mit all ihren Funktionen, wie behördliche Angelegenheiten, Gesundheitsversorgung und Kultur sichergestellt haben müssen. Natürlich haben wir uns dazu bekannt, Plätze und Freiflächen zu attraktivieren, damit die existentielle Aufenthaltsqualität gesteigert wird. Und selbstverständlich müssen mehr Sicherheit und Möglichkeiten für Fahrradfahrer und Fußgänger in die Wege geleitet werden.

Aber wir haben unser klares NEIN unterstrichen, etwas über´s Knie zu brechen, ohne dabei mindestens parallel auch die Alternativen für Autofahrer zu schaffen. Es galt, untragbare negative Konsequenzen zu bedenken, und diese zu durchplanen.

In einem halben Jahr undenkbar.

Zum damaligen Zeitpunkt wäre – ohne ausreichende Planung – ein Chaos vorprogrammiert gewesen.

Dieser Ansatz wurde von Seiten der Stadt schnell aufgenommen, und es wurde sich die notwendige Zeit gelassen, intensiv zu planen. Seitdem sitzen die IHK, die BIDs und der Bürgermeister samt Verkehrsplanung regelmäßig zusammen und wir haben von Anfang an Einblick in Planungen. Da haben wir der Öffentlichkeit deutlich etwas voraus. Alle Teilnehmer bestätigen, dass seriös und engagiert geplant wurde. Wir glauben aufgrund unseres Einblicks, dass die Umsetzung durchaus Chancen auf einen funktionierenden und verbesserten Verkehrsfluss haben könnte.

Denn dazu gibt es eine Reihe an modernsten und pragmatischsten Ansätzen. So soll bei den Ampelschaltungen der fließende Verkehr mit Grünzeiten durch besondere Detektionsverfahren, die gerade sukzessive eingerichtet werden, gewährleistet sein. Die 16 am Anlagenring zur Verfügung stehenden Parkplätze und Parkhäuser – die derzeit nur zu 60 % ausgelastet sind –  sollen sichtbarer angebunden, die Öffnungszeiten ausgeweitet und die Parkgebühren präsenter gemacht werden.

Weil ein Verkehrsversuch eine Stadt alleine nicht attraktiver macht, ist die Stadt gefordert, parallel die Innenstadt durch mehr Aufenthaltsqualität zu beleben. Vereinbart wurde eine monatliche Konsultation, bei der Handel und Wirtschaft als „Mängelmelder“ fungieren sollen, um den Verkehrsversuch stetig für alle Verkehrsteilnehmer zu optimieren und die Erreichbarkeit der Umlandbesucher sicher zu stellen.

Mein Fazit ist: das Projekt ist eine Belastungsprobe für alle. Aber es ist eine Chance. Seit Jahrzehnten beißen sich die Verkehrsdezernenten die Zähne daran aus die verkehrliche Situation in Gießen in den Griff zu bekommen. Jedes Jahr, insbesondere um die Weihnachtszeit, hagelt es Beschwerden wie schlimm es sei. In Gießen wusste jeder, dass etwas getan werden muss. Aber ein richtig komplexer und ganzheitlicher Ansatz wurde ziemlich vor sich hergeschoben.

Jetzt wurde es angepackt, und es ist zumindest eine Chance, die wir – bei aller Skepsis – versuchen, konstruktiv zu begleiten. Keiner wünscht sich mehr, wie wir Innenstädtler, dass es gelingt. Aber die Simulationen und uns vorliegenden Pläne lassen dies zumindest vermuten. Ich persönlich ziehe es vor, die zwei Monate noch die Geduld aufzubringen und die letzten Einrichtungen der Vorbereitung abzuwarten. Nach all dem Aufwand, alles wieder zurück zu drehen, und die stets bemängelte Ist-Situation der letzten Jahre wieder beizuführen, wäre ein Drama. Ein Baustopp und eine Wartezeit, würde uns über Monate die derzeit chaotischer Situation beibehalten.
Der Einjährige Versuch birgt auch die Möglichkeit, permanent nachzujustieren.
Wir nutzen derzeit die Gelegenheit, mit nahezu allen Parteien zu sprechen. Überall gibt es hervorragende Ansätze und gute Ideen, Einzelsituationen zu lösen.
Warum, Verdammt noch mal, können sich die politischen Institutionen – Koalition wie Opposition – nicht zusammensetzen, um ihre guten Ideen einfließen und zuzulassen, statt sich  gegenseitig die Hölle heiß zu machen.
Heinz-Jörg Ebert